Soziale Unterschiede bei der Inanspruchnahme der Schwangerschafts-Vorsorgeuntersuchungen, beim Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft und beim Geburtsgewicht des Neugeborenen. Empirische Analyse auf Basis der Bayerischen Perinatal-Studie.
Autoren/Herausgeber: |
Koller, D. Lack, N. Mielck, A. |
---|---|
Erschienen: | 2009 |
Publikationsart: | Articles in Refereed Journals (National) |
ISBN/ISSN: | 0941-3790 |
erschienen in: | Das Gesundheitswesen |
Weitere Quellenangabe: | Volume 71(1), Pages 10–8 |
Zusammenfassung
Einleitung
Die Perinatalstudien bieten eine hervorragende Datenbasis für die Public-Health-Forschung; dieses Potenzial ist bisher jedoch kaum genutzt worden. Anhand der Daten aus der bayerischen Perinatalstudie sollen hier die Möglichkeiten und Grenzen dieses Datensatzes veranschaulicht werden. Er beinhaltet nur relativ wenige Angaben zum sozio-ökonomischen Status. Es wird daher auch eine status-spezifische Charakterisierung der Gemeinde einbezogen, in der die Mutter wohnt. Hierfür wurde ein neues, relativ aufwändiges Verfahren entwickelt. Vergleichbare regionale Analysen sind u. W. in Deutschland bisher noch nicht durchgeführt worden.
Methoden
Ausgewertet wurden die Daten aus dem Jahr 2004. Die Analysen konzentrieren sich auf drei abhängige Variablen: Anzahl der Schwangerschafts-Vorsorgeuntersuchungen, Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft, Geburtsgewicht des Neugeborenen. Als unabhängige Variablen wurden einbezogen: Alter der Mutter bei der Geburt, Herkunftsland der Mutter, Mutter alleinstehend (ja/nein), beruflicher Status der Mutter, Wohnort der Mutter (vier- oder fünfstellige Postleitzahl). Die sozio-ökonomische Charakterisierung des Wohnortes erfolgt mithilfe der Variablen „Sozialhilfedichte”, und zwar über die Verknüpfung mit zwei weiteren Datensätzen: die ,Gemeindedaten‘ des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung, das Postleitzahlen-Verzeichnis der Deutschen Post. Die multivariaten Analysen sind mithilfe der logistischen Regression durchgeführt worden.
Ergebnisse
Für die Analyse standen Angaben von ca. 76 000 Geburten zur Verfügung. Die Ergebnisse zur Variablen ,geringe Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen‘ zeigen z. B. ein besonders hohes Risiko bei den Müttern aus Osteuropa oder aus den Mittelmeerländern, sowie bei den alleinstehenden und den un-/angelernten Müttern. Das Risiko ‚Rauchen während der Schwangerschaft’ ist erhöht bei den Müttern aus den Mittelmeerländern und bei den alleinstehenden Müttern. Besonders hoch ist es aber bei den un-/angelernten Müttern: Verglichen mit der oberen Statusgruppe greifen sie während der Schwangerschaft 4,67-mal (Großstädte) bzw. sogar 6,14-mal (andere Gemeinden) häufiger zur Zigarette. Auch das Risiko ‚Geburtsgewicht bis 2 500 g’ ist bei den alleinstehenden Müttern und bei den un-/angelernten Müttern besonders hoch. Ein Zusammenhang mit der Sozialhilfedichte am Wohnort zeigt sich vor allem beim Rauchen der Mutter: Die Prävalenz ist in den Gemeinden mit hoher Sozialhilfedichte etwas erhöht.
Diskussion
Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig die Daten der Perinatalstudien für die Public-Health-Forschung sein können. Bei den hier betrachteten Risiken sind große soziale Unterschiede vorhanden. Es erscheint daher sinnvoll, diese Analysen kontinuierlich durchzuführen, um zeitliche Trends in Art und Ausmaß der Zusammenhänge aufzeigen zu können. Aus methodischer Sicht ist hervorzuheben, dass regionale Unterschiede bei Gesundheit und Gesundheitsversorgung in Deutschland bisher kaum untersucht wurden. Das hier vorgestellte Verfahren bietet einen neuen Ansatzpunkt zur Schließung dieser Forschungslücke.
Abstract
Introduction
Perinatal studies provide an excellent database for public health research, to date this potential has rarely been used, however. Taking the example of the Perinatal Study in Bavaria, the objective is to demonstrate the pros and cons of this database. As it includes only very few variables on socio-economic status, an additional variable is calculated assessing the socio-economic status of the community where the mother lives. This is rarely done in Germany, and as far as we know the procedure proposed here has not been applied before.
Methods
The analyses are based on the data from 2004. They focus on three dependent variables: number of prenatal screenings, maternal smoking during pregnancy, birth weight of the baby. The following independent variables are included as well: age of the mother, nationality of the mother (e.g., German, Mediterranean countries), single mother (yes/no), occupational status of the mother, community where the mother lives (4- or 5-digit postal code). The socio-economic status of the community is assessed by the poverty rate, linking two other datasets, one for transferring the postal codes to community names, the other providing information per community. The multivariate analyses are conducted by logistic regressions.
Results
Information was available from about 76 000 births. Concerning the variable ‘few prenatal screenings’, the analyses show an increased risk for mothers from Eastern Europe and from the Mediterranean countries, for single mothers and for mothers with low occupational status. The risk factor ‘maternal smoking during pregnancy’ is increased for mothers from the Mediterranean countries and for single mothers. It is especially high, however, for low status blue collar workers: compared with white collar workers their smoking prevalence is 4.67-times (large cities) or even 6.14-times (smaller communities) higher. The risk factor ‘low birth weight of the baby’ is again increased for single mothers and for mothers with low occupational status. An association with the poverty rate is mainly seen for the variable ‘maternal smoking during pregnancy’, with higher smoking prevalences in the poor communities.
Discussion
The results demonstrate that the data from the perinatal studies are important for public health research. Concerning the risk factors analysed here, large social differences can be observed. In order to show time trends, it would be important to repeat these analyses on a routine basis. From a methodological point of view, it can be stressed that regional differences in health and health care have rarely been looked at in Germany, and that the procedure proposed here provides a new starting point for closing this research gap.